40.000 Euro für das Projekt "Proviantpakete"

Im Juli 2019 nahmen im SKFM Düsseldorf e.V. die Kolleginnen bei Rahab – Beratung für Menschen in der Prostitution ihre Arbeit auf. Bereits in den ersten Monaten kamen viele Frauen in die Beratung, die – zum großen Teil aus Osteuropa – in Deutschland kaum Möglichkeiten haben, ihren Lebensunterhalt anders als durch Prostitution zu bestreiten. Mit geringen Deutschkenntnissen, ohne Kenntnis deutscher Regelungen und Vorgaben und nicht vertraut mit Arbeitsrecht und Arbeitsverpflichtung ergaben sich keine anderen Erwerbsmöglichkeiten.

 

Durch die Corona-Pandemie wurden im März 2020 die Bordelle geschlossen und die Ausübung der Prostitution verboten. Parallel zu dieser Entwicklung wurde der SKFM durch das Düsseldorfer Amt für Migration und Integration angefragt für die Unterstützung bei der Versorgung Obdachloser, da Notschlafstellen und Tagesaufenthalte durch Abstandsregelungen und verringerte Öffnungszeiten obdachlose Menschen nicht mehr wie zuvor unterstützen konnten.

 

An dieser Stelle ergab sich die Schnittstelle zwischen beiden Hilfesystemen – Frauen, die zuvor in der Prostitution tätig waren, wurden beim SKFM Düsseldorf angestellt und schmieren seit dem 01.07.2020 Brötchen und packen täglich bis zu 300 Proviant-Tüten für Menschen in der Obdachlosigkeit. Im ersten Jahr wurde die Proviantversorgung über die Krisenmaßnahmen kommunal finanziert, seitdem wird es durch Eigenmittel des SKFM und über Gelder der Anna-Niedick-Stiftung – insgesamt in Höhe von 40.000 € - ermöglicht.

 

Seit Beginn des Projektes arbeiteten insgesamt acht Frauen mit. Alle haben sich zuvor mehrere Jahre in Deutschland prostituiert und hier gelebt. Dennoch war der deutsche Staat mit seinen sozialen Versorgungssystemen für sie nicht zuständig. Dies liegt zum einen an ihren Herkunftsländern (i.d.R. Osteuropa), an den schwierigen rechtlichen Bestimmungen, die für Prostitution in Deutschland gelten, und an der geringen Bildung und mangelnden Schul- bzw. Ausbildungsabschlüssen. Diese Frauen hatten erstmalig in ihrem Leben die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen, die ihnen einen sicheren Lebensunterhalt außerhalb der Prostitution erlaubte. Damit verbunden waren und sind

·       ein sicheres Wohnumfeld (im besten Fall eine eigene angemietete Wohnung),

·       eine Krankenversicherung, die ihnen eine Behandlung bei Erkrankung ermöglicht,

·       aufstockende Leistungen gemäß SGB II (ALG II durch das Jobcenter),

·       die Teilnahme an einem Deutschkurs (bei Bedarf),

·       Unterstützung und Vermittlung von alternativen Arbeitsverhältnissen,

·       Versorgung der Kinder.

 

Mit den Provianttüten werden Menschen erreicht, deren Existenz nicht verlässlich gesichert ist, die keinen Krankenversicherungsschutz haben, die durch ihre Herkunft, durch ihren Aufenthaltsstatus, aufgrund psychischer Auffälligkeiten und Erkrankungen oder aus Scham nicht durch bestehende Angebote erreicht werden. Die Provianttüten konnten zur Verbreitung von Informationen und Flyern über Angebote und das Hilfesystem ebenso genutzt werden, wie zur Versorgung mit Masken. Auch besondere Themen wie etwa die Coronaschutzimpfungen konnten so thematisiert und viele Personen, auf Grundlage der entstandenen Vertrauensbasis, zur Impfung motiviert werden.

 

Für die Frauen, die die Provianttüten fertigen, ergeben sich durch diese Beschäftigung Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Bereich der Prostitution. Bislang haben dadurch vier von sieben Frauen alternative Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt beginnen können.

 

Für das Jahr 2022 ist in Absprache mit dem JobCenter geplant, die Stellen in der Fertigung der Provianttüten als Arbeitsgelegenheiten zu vergeben, um so wieder einen Einstieg in das Erwerbsleben zu schaffen. Hierbei werden sie durch eine Arbeitsanleiterin/einen Arbeitsanleiter und eine Sozialarbeiterin/einen Sozialarbeiter unterstützt.

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